Die Viola d'amore

Die Viola d'amore ist eine Sonderform der Viola, die in verschiedensten Größen, Formen und Stimmungen seit dem späten 17.Jhdt. vorallem im süddeutschen- und österreichischen Raum belegt ist. Sie nimmt eine Mittelstellung zwischen den Violen da Gamba und den Violen da Braccio ein, da sie Konstruktionsmerkmale beider Violenfamilien miteinander vereint. Gewöhnlich hat di Viola d'amore etwa die Größe einer Bratsche (36-42 cm) und wird auch wie diese da braccio gespielt. Das Korpus zeigt jedoch meist spezifische Charakteristika der Gambenfamilie: Einen flachen, oben abgeknickten Boden, keinen Randüberstand bei Deche und Boden, fallende Schultern und einen phantasievoll geschnitzten Kopf an stelle der Schnecke (oft in der Form eines Amor-Kopfes mit verbundenen Augen - Liebe macht blind). Die Schallöcher sind häufig als Flammenlöcher ausgebildet. Nicht selten verziert auch eine kunstvoll geschnitzte Rosette die Decke. Das auffallendste Merkmal für den Nichtfachmann ist jedoch der lange Wirbelkasten mit seien bis zu 23 Wirbeln. von diesen dienen jedoch nur 4-7 zum Stimmen der über das bundlose Griffbrett laufenden Spielsaiten, die anderen werden zum Stimmen der Sympathetischen- oder Resonanzsaiten verwendet. Diese aus Metall gefertigten Saiten laufen unter dem ausgehöhlten Griffbrett durch den Steg zum unteren Rand der Decke, wo sie meist an kleinen Metallhaken befestigt sind. (Manchmal werden sie aber auch im Wirbelkasten an Metallhaken befestigt und mit im Unterklotz eingelassenen Stimmnägeln gestimmt.)
Die erste auf uns gekommene Erwähnung des Namens Viola d'amore findet sich im Tagebucheintrag des Engländers John Evelyn vom 20.November 1679: "Die Viola d'Amore, ein angenehmes Kammerinstrument, ist etwas breiter und länger als die Bratsche, hat über dem Griffbrette 7 Saiten von Schafdärmen, deren die tiefern viere oder fünfe übersponnen sind, unter dem Griffblatte hat sie ebenfalls so viele, aber von Stahl oder Messing, um einen stärkeren Laut zu geben. Sie wirdmeistentheils aus D-Dur harmonisch gestimmt. Ehemals hiessen ihre obern sieben Saiten: A, D, a, d', fis', a', d". Die jetzigen Stücke werden meistentheils in tieferen Tönen mit dem Baßschlüssel die mittleren und höhern aber mit dem Violinschlüssel gesetzt. Vor Zeiten hatte sie den C-Schlüssel auf der dritten Linie vorgezeichnet. Die tiefern Töne aber wurden dennoch im Basse, jedoch um eine Oktave tiefer als jetzt geschrieben. Die höhern Töne kamen mit den Violinnoten, doch etwas fremd für das Gesichte, überein, indem die Stimmung von oben herab in den ersten zwei kleinen Saiten eine Quart, die zweite mit der dritten eine kleine Terz, die dritte mit der vierten eine große Terz ausmachte und man dennoch überall eine Quinte dafür hinsetzte, der Spielende aber sich einbilden musste,
"I dind at the Master of the Mints with my wife, invited to heare Musique which was most exquisitely performed by 4 of the most renouned Masters, Du Prue a French-man on the Lute: Signor Bartholomeo Ital: on the Harpsichord: & Nicolao on the Violin: but above all for its sweetnesse & novelty the Viol d'Amore of 5 wyre-strings, plaid on with a bow, beeing but an ordinary Violin, play'd on Lyra way by a German, than which I never heard a sweeter Instrument or more surprizing..."
Lassen wir nun zwei der vielen sich im 18.Jhdt. mit der Viola d'amore befassenden Theoretiker zu Wort kommen:
Johann Mattheson schreibt in "Das Neu-Eröffnete Orchestre" 1713:
"Die verliebte Viola d'Amore, Gall. Viole d'Amoure, führet den lieben Namen mit der Tat und will viel languissantes und tendres ausdrücken. Sie hat 4 Sayten von Stahl oder Messing und eine, nemlich die Quinte, von Därmen. Ihte Stimmung ist der Accord c-Moll oder auch c-Dur c", g', es'(e), c', g. Wiewohl es fast bessere Art hat und nicht so gezwungen ist, wenn sie wie eine ordentliche Violoine gestimmt wird, weil man alsdann, sonst aber mit vieler Mühe, und in etlichen Stücken garnicht, allerhand Sachen darauff spielen kann. Ihr Klang ist argentin oder silbern, dabey überaus angenehm und lieblich. Nur ist Schade, dass ihr Gebrauch nicht grösser sein soll."
1790 schreibt Johann Georg Albrechtsberger in seiner "Gründlichen Anweisung zur Komposition":
"Die Viola d'Amore, ein angenehmes Kammerinstrument, ist etwas breiter und länger als die Bratsche, hat über dem Griffbrette 7 Saiten von Schafdärmen, deren die tiefern viere oder fünfe übersponnen sind, unter dem Griffblatte hat sie ebenfalls so viele, aber von Stahl oder Messing, um einen stärkeren Laut zu geben. Sie wird meistentheils aus D-Dur harmonisch gestimmt. Ehemals hiessen ihre obern sieben Saiten: A, D, a, d', fis', a', d". Die jetzigen Stücke werden meistentheils in tieferen Tönen mit dem Baßschlüssel die mittleren und höhern aber mit dem Violinschlüssel gesetzt. Vor Zeiten hatte sie den C-Schlüssel auf der dritten Linie vorgezeichnet. Die tiefern Töne aber wurden dennoch im Basse, jedoch um eine Oktave tiefer als jetzt geschrieben. Die höhern Töne kamen mit den Violinnoten, doch etwas fremd für das Gesichte, überein, indem die Stimmung von oben herab in den ersten zwei kleinen Saiten eine Quart, die zweite mit der dritten eine kleine Terz, die dritte mit der vierten eine große Terz ausmachte und man dennoch überall eine Quinte dafür hinsetzte, der Spielende aber sich einbilden musste, er habe bey diesen vier hohen Saiten d", a', fis', d' und auch bey den darauf gegriffenen Tönen eine Violin in der Hand, ...... Sie pflegt gerne in Terzen und Sexten, worunter auch zuweilen eine Quint oder Oktave eingemischt wird, einherzugehen.""Der eigenthümliche, in meiner Charakteristik der Singstimmen und einiger Instrumente umständlicher beschriebene Charakter der Liebesgeige beruht auf der Fähigkeit , gemäßigte Trauer, sanfte Gefühle, Liebkosen und nicht über die Gränzen der Mäßigung hinausschweifende Fröhlichkeit so glücklich auszudrücken, daß sie hierinn von der Gambe nur erreicht, und vom Baryton kaum übertroffen wird. Das rein singbare ist die Gränzlinie, die der Spieler dieses Instruments niemals zu überschreiten hat, und, die ben genannte Gambe und das Baryton ausgenommen, kann kein Bogeninstrument sich mit so gutem Erfolg mit der menschlichen Stimme in Wettstreit einlassen, als die Liebesgeige." (F.A.Weer, in Musikalische Real-zeitung für das Jahr 1789, p.301)Bald nach 1800 ist das ehedem so beliebte und verbreitete Instrument praktisch ausgestorben (trotz Mayerbeers Hugenotten und Pfitzners Palaestrina). Erst das 20.Jhdt. beschert der Viola d'amore eine Renaissance; einerseits durch das Wiedererwachen des Interesses an alter Musik, andererseits aber auch, weil im Gefolge dieser Strömung zeitgenössische Komponisten wieder um die technischen Möglichkeiten des Instrumentes wissen.
1) vgl. Danks, Harry The Viola d'amore Bois de Boulogne 1976 und Rosenblum, Myron The New Grove Dictionary of Musical Instruments vol.3 1984 s.v. Viola d'amore
Viola d'amore, Prag Ende 18.Jhdt.
Dieses Instrument wurde, wie viele andere Violen d'amore und Diskantgamben, im 19.Jhdt. zu einer Bratsche umgebaut. Es zeigt den typischen Gambenumriß mit fallenden Schultern und ohne Randüberstand. Der Boden ist jedoch gewölbt .(Solche Instrumente sind zwar nicht sehr häufig, aber doch vereinzelt anzutreffen. z.B. Viola d'amore von Jean Nicolas Lambert, Paris 1772, in Victoria & Albert Museum, London)
Der einteilige Boden ist mit dreiteiligen Einlagen versehen, während die Decke mit einen Band aus gebrannter Birne eingefaßt ist. Die Art der Flammenlöcher ist typisch für das Herkunftsgebiet. Nach der Restauration wird dieses Instrument wieder eine 7/7 Viola d'amore sein, wie man sie in zahlreichen Exemplaren von Prager Geigenbauern kennt. (z.B. Eberle, Hulinsky, Laske, Hellmer)
(412/192/115/231/43)

VIOLA D'AMORE
Jean Baptiste Deshayes Salomon (Paris, ca 1740)
Mathias Fichtl (Wien 1711)
Johann Christoph Leidolff (Vienna, 1750)
Joann Joseph Hentschl (Brünn, 1750)

Thomas Andreas Hulintzky (Praha,1774)


updated 21.11.2007